Veranstaltungsort: Kirche St. Peter am 21.03.2023 von 18.00 bis 20.00 Uhr
Moderation: Frau Anke Bruhns
Frau Bruhns eröffnete pünktlich um 18.00 Uhr die Veranstaltung mit einer Vorstellungsrunde aller Anwesenden.
Von den städtischen Verantwortlichen war Herr Dr. Nießen (Leiter Gesundheitsamt) anwesend, des weiteren Herr Lehmann (Suchthilfe und Leiter des Drogenkonsumraums), eine weitere Mitarbeiterin aus dem Drogenkonsumraum, Frau Becker (Kümmerin am Neumarkt), jeweils ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes bzw. der Polizei, ein Vertreter aus dem kriminalpräventiven Rat, Herr Hupke (Bezirksbürgermeister Innenstadt), eine Ärztin aus der Methadoneinrichtung Lungengasse sowie ein Mitarbeiter der Suchthilfe vom Drogenkonsumraum Düsseldorf.
Herr Dr. Nießen referierte über den Drogenkonsumraum, der momentan von Mo. bis Fr. von 8.00 – 18.30 Uhr, Sa 10.00 – 17.30 Uhr öffnet. Laut Ratsbeschluss vom 09.02.2023 sollen die Öffnungszeiten sukzessive bis 23.00 Uhr verlängert werden. Es gibt – wie von der BI Zukunft Neumarkt e. V. vorausgesagt – Probleme Personal zu finden und die geplanten 16,3 zusätzlichen Stellen zu besetzen. Da die städtischen Personalausschreibungen zu lange dauern, hat man einen externen Personaldienstleister mit der Suche nach Personal beauftragt und hofft so die Stellen bis Ende des Jahres besetzen zu können. Je nach Personalstärke sollen die Öffnungszeiten in Schritten verlängert werden, bis sie endlich Ende des Jahres auf 23.00 Uhr ausgeweitet sind.
Herr Dr. Nießen behauptete, dass der öffentliche Konsum durch die Eröffnung entscheidet weniger geworden sei. Dieser Behauptung widersprachen alle anwesenden Bewohner des Neumarktumfeldes und es erfolgte eine ausführliche Beschreibung der weiterhin unhaltbaren Zustände mit offenem Drogenkonsum und Drogendeals auch während der Öffnungszeiten des Drogenkonsumraums. Als Beispiele wurden vor allem Vorgänge in der HUGO-Passage und der Baumstraße genannt und diese immer wieder zu beobachteten Geschehnisse beschrieben (gerade in der Baumstraße, wo auch große Verunreinigungen durch Fäkalien rund um den Altglas Container zu beklagen sind).
Das Problem der Anwohner ist nicht der Drogenkonsumraum und die Abhängigen, die den Drogenkonsumraum nutzen, sondern explicit die Menschen, die den Drogenkonsumraum nicht nutzen und ungehindert weiterhin ihrem Konsum in der Öffentlichkeit nachgehen. Deren Hinterlassenschaften und oft auch deren aggressives Verhalten sind die Dinge, die Angst und ein ungutes Gefühl bei den Bürgern auslösen.
Frau Bruhns verteilte eine Telefonliste von Ansprechpartnern für die Bürger, was bei der letzten Veranstaltung 2022 gewünscht wurde. Leider sind es vielfach nur allgemeine Telefonnummer wie 110, 112 etc.
Herr Dr. Nießen erklärte, dass es früher am Drogenmobil bis zu 100 Konsumvorgänge pro Tag gab und seit der Eröffnung des Drogenkonsumraums sind es bis zu 300 Konsumvorgänge. Er sieht dies als großen Erfolg an. Auf den Einwand einer Anwohnerin (Mitglied der Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt e. V.), dass die BI schon immer gesagt hätte, dass so ein Drogenkonsumraum Sogwirkung habe, antwortete Herr Lehmann. Er erklärte, dass Köln für Drogenabhängige anziehend ist, da der hier angebotene Stoff gut und günstig sei. Herr Lehmann hat diese Erkenntnis durch viele Gespräche mit Abhängigen erhalten. Insofern bestätigt er die überregionale Sogwirkung der Stadt Köln für Drogenabhängige. Ferner führte er aus, dass wo sich mehr Abhängige aufhalten auch mehr Dealer sind.
Alle Anwohner sind sich einig, dass keine Verbesserung erkennbar ist. Der Vertreter der Polizei erklärte, dass sie viel Präsenz am Neumarkt und im Neumarktumfeld zeigen, aber sie schaffen es trotzdem nicht die Situation zu verbessern. Sie hätten wenig Handhabe durch die geltenden Gesetze. Die Menschen, die im Drogenkonsumraum konsumieren sind ohnehin am Neumarkt und er behauptete, dass der Konsum im öffentlichen Raum auch dadurch entstehe, dass die Klienten unter Druck seien und sofort konsumieren müssen und keine evtl. Wartezeiten im Drogenkonsumraum hinnehmen können. Wobei Herr Lehmann von Wartezeiten im Drogenkonsumraum nichts berichtete. Daraufhin wurde von den Bürgern gleich erwidert, dass es sich bei den Klienten im öffentlichen Raum um die Personen handelt, die den Drogenkonsumraum sowieso nicht nutzen würden. Von der Polizei erfolgte da nur ein resigniertes Schulterzucken, was einer Bankrotterklärung sehr nahekam.
Herr Dr. Nießen zeigte sich sehr überrascht über die Beschreibungen der Anwohner über die desolaten Zustände in der Hugo-Passage und in der Baumstraße und erklärte, dass man in Zukunft doch da ein größeres Augenmerk haben müsse. Er bat die Bürger doch immer über solche Zustände zu berichten und die entsprechenden Behörden mittels ausgeteilter Notrufnummern zu benachrichtigen.
Der Vertreter von der Polizei sagte, dass man nichts verhindern und nichts verbieten könne. Herr Lehmann bestätigte, dass es die von den Bürgern beschriebenen Probleme gibt.
Und auch der Mitarbeiter des Ordnungsamtes konnte das nur bestätigen. Er beschrieb es so, dass wenn sich die Mitarbeiter des Ordnungsamtes zeigen, verschwinden die Klienten. Sobald das Ordnungsamt weg ist, sitzen sie wieder in allen Ecken und konsumieren. Er nannte es „Hase und Igel Spiel“.
Herr Lehmann setzt große Hoffnung auf die Verstärkung seines Teams der Streetworker, womit mehr Klienten angesprochen und erreicht werden könnten. Es soll demnächst ein Zwei-Schichtsystem der Streetworker geben.
Die Ärztin der Methadonambulanz (gegenüber dem Drogenkonsumraum in der Lungengasse) berichtete über die enge Kooperation der beiden Drogenhilfeangebote. In der Methadonstelle sind derzeit 70 Patienten, die mit Diamorphin behandelt werden, was sie dort erhalten und sich diese Substanz unter Aufsicht spritzen. Das Heroin, was auf der Straße im Umlauf ist, bestehe zu 25 % aus Heroin, der Rest sind „Streckmittel“ wie Beruhigungsmittel, Schlaftabletten etc. Insgesamt 210 Personen sind derzeit Patienten in der Methadonstelle. In Köln gibt es schätzungsweise 180.000 Drogenkonsumenten. Bemängelt wird, dass es hohe Hürden zur Aufnahme in das Methadonprogramm gibt, wie z.B., dass der Klient mindestens 23 Jahre alt, 5 Jahre abhängig sein muss und schon verschiedene andere Behandlungsmöglichkeiten durchlaufen hat. Die anwesenden Streetworker sind dafür, die Zugangsvoraussetzungen niederschwelliger zu gestalten.
Der aus Düsseldorf angereiste Streetworker beschrieb ähnliche Probleme wie in Köln. Dort befindet sich die Drogenszene hauptsächlich um den Hauptbahnhof. Man hat in Düsseldorf das Modell der „Kölner Feger“ übernommen, die dort im Umfeld des Drogenkonsumraums permanent für Ordnung sorgen.
Zum Abschluss der Veranstaltung wurde beschlossen sich in sechs Monaten wieder zu treffen und sich auszutauschen.
Fazit: Die Stadt versucht nach wie vor die Situation in ihrem Sinne zu beschönigen und den Drogenkonsumraum als Königsweg aller Lösungen zu preisen. Trotz derzeit 12.000 bis 13.000 Einsatzstunden der Polizei pro Jahr am Neumarkt sowie im Neumarktumfeld, zuzüglich Mitarbeiter der KVB und des Ordnungsamtes, der beiden Kümmerer auf dem Neumarkt, der Security (mit privat zu tragenden siebenstelligen jährlichen Kosten) hat sich die Situation für Anwohner und Gewerbetreibende nicht verbessert. Die Polizei hat resigniert, versucht auch die Situation zu kaschieren. Das Ordnungsamt bestätigt zumindest die Eindrücke der anwesenden Bürger, die die Situation weiterhin als unerträglich und unzumutbar beschreiben.
Die Bitte von Herrn Dr. Nießen, kontinuierlich über die Situation im Neumarktumfeld durch die Bürger informiert zu werden, könnte die Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt e. V. gerne aufnehmen, indem sie die schon einmal genutzte interaktive Karte wieder aufleben lässt. Dort könnten dann alle Anwohner und Gewerbetreibende wieder ihre Beobachtungen über die Drogenszene (insbesondere öffentliche Drogenkonsumvorgänge sowie Drogengeschäfte) veröffentlichen lassen.
Die Situation wird sich auch deshalb weiter verschärfen, da die Sanierung und Modernisierung der Stadtbibliothek am Josef-Haubrich-Hof anstehen. So soll die Stadtbibliothek ab 2024 für mindestens drei Jahre geschlossen und an vier Orten als Interimslösung untergebracht werden. Dann findet dort für längere Zeit keinerlei bürgerliches Leben mehr statt und die Drogenszene kann noch ungestörter dem Drogenkonsum und den Drogendeals nachgehen. Insofern würde das Stadtviertel weiter abrutschen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Polizei und das Ordnungsamt bereits jetzt schon die Sicherheit für Kölner Bürger, Anwohner und Gewerbetreibende am Neumarkt und dem Neumarktumfeld nicht zufriedenstellend gewährleisten können.
Mit freundlichen Grüßen
Für den Gesamtvorstand
Walter Schuch