Am Dienstag den 14.07.2020 hatte Sozialdezernent Dr. Harald Rau im Gesundheitsamt zum Krisentreffen geladen. Die zahlreichen Beschwerden der umliegenden Museen, Parkhausbetreiber und Immobilieneingetümer aber auch der mediale Druck der Berichterstattung des Express (wir berichteten hier) und von Sat1 (zum Beitrag geht’s hier) Anfang Juli hatten dazu beigetragen.
Eine durchaus bedeutsame Besetzung
Anwesend waren von Seiten der Stadt neben Dr. Rau (Sozialdezernent) auch der Leiter des Gesundheitsamts Dr. Nießen sowie Vertreter der Polizei und des Ordnungsamts. Geladen waren neben der Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt die Museumsleitung des Rautenstrauch-Joest und des Schnütgen-Museums, die Eigentümer und Betreiber der umliegenden Parkhäuser sowie die Hausverwaltung des Ärzte- und Wohnhauses am Josef-Haubrich-Hof. Sie waren aus Düsseldorf, Leverkusen und sogar Hamburg extra wegen des Termins gekommen.
Parkhausbetreiber, Anwohner, Eigentümer und Museen berichten von untragbaren Zuständen
Während man von städtischer Seite betonte die Lage im Griff zu haben und nun nach dem Corona-Lock-down auch wieder stärker mit Polizei und Ordnungsamt vor Ort präsent zu sein, berichteten die geladenen schwerstbetroffenen Gäste von einem ganz anderen Bild. Sie machten deutlich, dass Mitarbeiter kündigen würden, Patienten und Besuchern Drogen angeboten werden, überall Nadeln, Exkremente und Müll herumliegen. Man fühle sich nicht mehr sicher! Alle machten deutlich, dass den Anwohnern, Geschäftsleuten, Kunden, Mitarbeitern, Patienten und Besuchern dies nicht weiter zuzumuten sei, bei allem Verständnis für die Hilfe, die Abhängige auch benötigen.
„Eigentum verpflichtet“: Stadt Köln fordert die Anwohner auf selbst was zu tun
Statt wirksamen kurzfristigen Hilfsangeboten für die Anwohner forderte die Stadt von den Eigentümern, Museen, Anwohnern und Geschäftsleuten Eigeninitiative. „Eigentum verpflichtet“ war das Angebot und die Aussage der Stadt an die Schwerstbetroffenen. Man müsse eben auch selbst was tun, um für Sicherheit zu sorgen, mit baulichen Maßnahmen, Rollgittern, Zäunen und Licht.
„Das sich nun die Anwohner selbst um das Problem kümmern müssen könne nicht ernsthaft das Angebot der Stadt an uns sein“, betonte unser Vorstandsvorsitzender Guido Köhler in dem Termin. Herr Dr. Rau hatte der Stadtpolitik und uns Anwohnern bereits in 2017 versprochen, dass sich mit dem Drogenkonsumraum das Umfeld beruhigt. Das Gegenteil ist der Fall! Nun haben wir den mobilen Drogenkonsumraum neben dem Museum Schnütgen auf dem Kirchenhof St. Peter schon seit mehr als 7 Monaten und die Situation hat sich drastisch verschlechtert. Die von der Stadt verantwortete Ballung der Szene am Neumarkt und die davon ausgehenden Umfeldschäden nun auf dem Rücken der Anwohner und Geschäftsleute auszutragen ist nicht akzeptabel, betonte unser Vorstand in dem Termin.
Polizei sagt: Immer die 110 anrufen, keine Scheu davor!
Die Polizei gab uns Anwohnern an diesem Abend einen Rat: Immer die 110 anrufen. Egal bei welchem (sich anbahnenden) Vorfall. Nur wenn diese Einsatzzahlen in der Statistik auftauchen, könne die Polizei vor Ort personell aufstocken, betonte ein Vertreter der Polizei. Eigentlich traurig, dass man erst auf die Statisitik warten muss, wo doch die Realität mehr als deutlich zeigt welche Probleme exisitieren. Die Polizei machte deutlich, dass man aktuell der offiziellen Statistik nach sogar einen Rückgang der Einsatzzahlen beobachte. Daraufhin merkten die Teilnehmer an, dass insbesondere am Josef-Haubrich-Hof aber auch in der Neumarkt-Galerie mittlerweile ein privater Sicherheitsdienst aktiv ist, da es einfach zu lange dauert bis die Polizei vor Ort ist. Selbst das Gesundheitsamt schützt ihren eigenen mobilen Drogenkonsumraum mit einem privaten Wachschutz und verlässt sich damit nicht mehr nur ausschließlich auf die Polizei. Auch deshalb könnten die Einsatzzahlen der Polizei im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozent zurückgegangen sein.
Ergebnis des Termins sehr ernüchternd
Neben dem Vorschlag seitens der Stadt die Anwohner und Eigentümer hinsichtlich Maßnahmen zu baulichen Veränderungen zu beraten, hatte die Stadt folgende Ankündigungen:
- Ab 2021 ein noch größerer Drogenkonsumraum mit einer Vervierfachung der Kapazität von heute 2000 Konsumvorgängen pro Monat auf dann fast 9000 pro Monat* direkt am Neumarkt im Gesundheitsamt mit insgesamt 12 Plätzen. Wichtig zu wissen: JEDEM Konsumvorgang geht ein illegaler Drogenhandel im unmittelbaren Umfeld voraus, häufig finanziert über Beschaffungskriminalität
- Einrichtung einer Fachgruppe zur Erarbeitung von kurz-, mittel- und langfristigen Lösungen zur Verbesserung der Situation
Neumarkt muss zur Chefsache werden und nicht länger ein sozialpolitisches Experiment
Als Bürgerinitiative haben wir in dem Termin folgendes gefordert:
- OB Henriette Reker muss den Neumarkt zur Chefsache machen
- Die rein sozialpolitische Sicht auf den Neumarkt muss ein Ende haben. Wir brauchen in zukünftigen Terminen Vertreter der Politik aus dem Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsausschuss
- Vollständige Transparenz der Stadt in Bezug auf alle Planungen sowie sowie alle einmaligen und laufenden Kosten in Zusammenhang mit den Drogenhilfeangeboten am Neumarkt sowie der Beseitigung damit einhergehender Umfeldschäden
Am Ende des Termins machten die Eigentümervertreter und Parkhausbetreiber deutlich, dass Sie eine sofortige Besserung der Situation erwarten, sonst werde die Stadt Post vom Anwalt, direkt an OB Reker gerichtet, erhalten.
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*Die Zahl von ca. 9000 Konsumvorgängen pro Monat für den ab 2021 im Gesundheitsamt geplanten Drogenkonsumraum berechnet sich wie folgt: der heutige mobile Drogenkonsumraum auf dem Kirchhof St. Peter hat 4 Plätze mit einer Auslastung von bis zu 100 Konsumvorgängen pro Tag an 5 Tagen die Woche (Quelle: Express 7.7.2020). Der für 2021 geplante Drogenkonsumraum sieht eine Verdreifachung der Plätze von 4 auf 12 vor, damit auch eine Verdreifachung der Konsumvorgänge pro Tag von 100 auf 300. Bei einer geplanten Öffnungszeit von 7 Tagen die Woche ergeben sich 300 x 30 Tage = 9000 Konsumvorgänge pro Monat = bis zu 108.000 pro Jahr! Das bedeutet bis zu 108.000 mal Drogenhandel pro Jahr im Umfeld des Neumarkts allein im Zusammenhang mit dem Drogenkonsumraum, häufig einhergehend mit Beschaffungskriminalität.