Dealen, konsumieren, randalieren, verwahrlosen unter fachlicher Aufsicht
Die Basis für die folgenden Ausführungen und Theorien von Professor Deimel, die die Hauptgrundlage des gesamten Weiterentwicklungskonzeptes der Kölner Suchthilfe darstellen, ist eine Einzelbefragung von Drogenabhängigen innerhalb der offenen Drogenszene.
Offene Drogenszenen in Nordrhein-Westfalen 2024; Einblicke in Lebenslagen, Konsum und Nutzung von Hilfsangeboten.
120 Personen der sichtbaren Drogenszene in Köln wurden befragt.
Mit folgenden Ergebnissen:
1. 54,0 % konsumieren Crack
2. 72,5 % sind deutscher Nationalität bzw. Kölner???
3. 26,9 % haben eine eigene Wohnung
4. 81,0 % beziehen Bürgergeld
5. 15,0 % haben kein geregeltes Einkommen
6. 35,8 % betteln
7. 50,0 % sammeln Pfandflaschen
8. 25,8 % begehen Diebstähle
9. 62,7 % dealen
10. 15,0 % haben keine Krankenversicherung
11. 61,3 % besuchen einen Drogenkonsumraum
12. 55,0 % sind Patienten einer Substitutionsbehandlung. (Von ca. 2500 Patienten sind 1375 Konsumenten im Drogenkonsumraum)
13. 80,0 % haben Hafterfahrung
Die Frage, inwieweit diese Zahlen belastbar sind – vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass es keine Angaben über die Gesamtpersonenzahl der über Köln bzw. innerstädtisch verteilten offenen Drogenszene gibt – ist wohl hinsichtlich auf die zukünftige Planung von Hilfseinrichtungen mehr als berechtigt.
Ob diese 13 Fragen grundsätzlich geeignet sind, hieraus Empfehlungen für die weitere Entwicklung eines kommunalen Suchthilfesystems mit 14 Maßnahmen ableiten zu können, ist fraglich. Wir stellen dies massiv infrage.
Addiert man die Prozentzahlen (635 geteilt durch die Anzahl der 120 Teilnehmer) ergibt dies eine Zahl von durchschnittlich 5,3 Nennungen pro Studienteilnehmer aus den oben benannten 13 Punkten.
Bei welcher der dann 5,3 möglichen Optionen sich welches Persönlichkeitsbild ergibt, wäre in diesem Zusammenhang auch interessant für die zukünftigen, angestrebten Hilfsmaßnahmen. Denn bei Jemanden, der gegebenenfalls Hafterfahrung hat, Diebstahl begeht, selber dealt, Crack im fortgeschrittenen Stadium seiner Drogenkarriere konsumiert sowie keine eigene Wohnung hat oder aus einem anderen Kulturkreis kommt, lediglich von einem kranken Menschen zu reden, ist auf jeden Fall zu kurz gegriffen.
Unter 2.1 der Studie wird noch einmal gesondert darauf hingewiesen, dass die Wirksamkeit von Drogenkonsumräumen sowohl hinsichtlich der Schadensminimierung als auch der positiven Auswirkung auf den öffentlichen Raum fachlich bestätigt ist. Und dies, obwohl die Drogenkonsumräume üblicherweise durch Akteure vor Ort häufig problematisiert werden, insbesondere vor dem Hintergrund der anziehenden Wirkung auf die Gesamtszene.
Dass diese Empfehlungen in Übereinstimmung mit internationalen wissenschaftlichen „Reviews“ in Bezug auf die Wirksamkeit von Drogenkonsumräumen stehen, wird ebenso dargestellt.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich circa 25 % der weltweiten Drogenkonsumräume in Deutschland beziehungsweise 10 % in NRW befinden, wäre es interessant, aus welchen Ländern diese Studie angereichert wird.
Ist diese Aussage – Akteure sehen Probleme in Zusammenhang mit Drogenkonsumräumen – in etwa so zu verstehen, dass die Anwohner (Akteure) im gesamten Umfeld unberechtigterweise dieses tolle Projekt Drogenkonsumraum unberechtigt kritisiert?
Es folgen weitere Empfehlungen in der sehr ausführlichen Art von Professor Deimel, was alles für die Drogenkonsumräume, ihre Standorte und ihre Angebote vorgehalten werden müsste. Das alles wird – wie es in dem Magazin der ARD „Monitor“ formuliert wurde – als alternativlos bezeichnet.
- Soziale Ausschlüsse bearbeiten
- Zugang zu Wohnraum als zentrale Aufgabe realisieren
- Zugang zu Gesundheitsleistungen für alle ermöglichen
- Kirchturmpolitik beenden
- EU-Bürger und Bürgerinnen in Sozialsysteme inkludieren
- Ordnungspolitik und Kriminalisierung entmystifizieren
- Angebotsstruktur bedarfsgerecht anpassen und aufbauen
- Drogenkonsumräume ausbauen und im Angesicht von Crack weiterentwickeln und Mikrohandel erlauben
- Teilen von Crackpfeifen erlauben
- Originalstoffvergabe von Kokain erproben
- „Drugchecking“ flächendeckend umsetzen und Notfallkonzepte entwickeln
- Substitution und Naloxonvergabe ausbauen
- Fachlichkeit sicherstellen
- Wissenschaftliche Grundlagen verstetigen
Es bleibt abzuwarten, was die Protagonisten dieses Kölner Suchthilfekonzeptes im Rahmen der anstehenden Beratungen und Diskussionen für Detailerklärungen zu den einzelnen Punkten, die teilweise mit erheblichen Klärungsbedarf behaftet sind, als Endergebnis abgeben werden.
Inwieweit man die o. a. 13 Fragen, die in keinem fachlichen Zusammenhang gestellt wurden, heranziehen kann, um 14 komplexe Forderungen zu stellen, ist uns als Bürgerinitiative absolut nicht ersichtlich. Erst recht nicht vor dem Hintergrund der knappen Ressourcen, im Hinblick auf den leistungsberechtigten Kreis und ohne die Leistungen exakt einzugrenzen, wird hier eine bedingungslose Erweiterung auf alle Personen und alle Leistungen formuliert.
Eine Studie sollte unseres Erachtens immer auf realistischen, umsetzbaren Forderungen aufsetzen und nicht ein unerfüllbares „Wunschkonzert“ darstellen, das zudem die Frage der Finanzierung völlig außer Acht lässt.
Besonders irritierend sind die Punkte 13 und 14 der Forderungen bezüglich der fachlichen Sicherstellung und der Verstetigung von wissenschaftlichen Grundlagen.
Um diesen Forderungen gerecht zu werden, müsste unserer Meinung nach vorab ein geeignetes Studiendesign entwickelt werden, das alle Fragen beinhaltet, die nötig sind, um aus den Antworten entsprechende Handlungsoptionen ableiten zu können.
Die Verfechter dieser Studie favorisieren weiterhin einen innerstädtischen Standort für ein neu zu gestaltendes Drogenhilfezentrum. Und dies wohl wissend um die mehr als prekäre innerstädtische Sicherheitslage, verursacht durch die offene Drogenszene, und die damit verbundenen wirtschaftlichen Schäden. Man kann hier wohl zurecht von einer Verantwortungslosigkeit gegenüber den seit Jahren betroffenen Bürgern sprechen.
Die gezielte Nichtumsetzung des Ratsbeschlusses zur Dezentralisierung der Drogenszene zur Entlastung des Neumarks, gepaart mit der im Gesundheitsausschuss von Dr. Rau vorgetragenen Aussage, mit den notwendigen Maßnahmen weiter abzuwarten bis das neue Ratsbündnis entscheidungsfähig ist, stellt einen weiteren Indikator dafür dar, nicht handeln zu wollen.
Da Dr. Rau dieser Aufgabe nicht nachkommt, müssen andere verantwortungsvolle Akteure die Ausarbeitung und Umsetzung von Interimslösungen für ihn übernehmen (siehe Kölner Stadt-Anzeiger vom 03.09.2025).
Link: https://www.ksta.de/koeln/koelner-cdu-will-drogenkonsumraum-vom-neumarkt-nach-kalk-verlegen-1098744
Für den Gesamtvorstand
Walter Schuch